"Ernten, was wir säen"
Alle fragen, jeder will es wissen. Warum kommt ihr klar, wieso geht es mir beschissen?
Habt ihr, irgendwas, das ich nicht hab'? Krieg' ich auch was ab? Bin ich auch am Start?
Immer hab' ich Pech, alles ungerecht. Was es auch is', fast immer nur Beschiss.
Wär' ich doch er, Hätt' ich, doch sie. Mein Leben is' leer, nur Monotonie.
Will endlich mehr. Ich hätt's doch verdient. Wär das nich' fair? Jetz' oder nie.
Wieso bin immer ich der Idiot?Und warum haben andere, nicht ich, die Million'n?
Kann ich nich' auch ganz nach ganz oben rauf? Ich glaub', ich geb' auf je länger ich lauf'.
Ich würde so gern, wie kann ich es lern'?Will mir bitte jemand das mal erklären?
Niemand kann's dir sagen
Keiner kennt die Antwort auf alle deine Fragen
Du musst nur verstehen
Wir ernten, was wir säen.
So singen es die Fantastischen Vier in einem Lied aus dem Jahr 2007. Damals vor 18 Jahren sah die Welt noch anders aus. Bulgarien und Rumänien traten der EU bei, die Markteinführung des iphones machte das smartphone massentauglich. Trotz innenpolitischem Rumoren durch etwa die Diskussion des Mindestlohnes und die Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre blieb es doch vergleichsweise ruhig. Noch weit weg waren die Finanzkrise von 2008, Pandemien in Europa und Krieg an den europäischen Außengrenzen. Extreme Parteien mit extrem großen Zulauf spielten in der deutschen Parteienlandschaft so gut wie keine Rolle.
Und Jesus sprach: Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mensch Samen aufs Land wirft und schläft und steht auf, Nacht und Tag; und der Same geht auf und wächst – er weiß nicht wie. Von selbst bringt die Erde Frucht, zuerst den Halm, danach die Ähre, danach den vollen Weizen in der Ähre. Wenn aber die Frucht reif ist, so schickt er alsbald die Sichel hin; denn die Ernte ist da. Und er sprach: Womit wollen wir das Reich Gottes vergleichen, und durch welches Gleichnis wollen wir es abbilden? Es ist wie mit einem Senfkorn: Wenn das gesät wird aufs Land, so ist’s das kleinste unter allen Samenkörnern auf Erden; und wenn es gesät ist, so geht es auf und wird größer als alle Kräuter und treibt große Zweige, sodass die Vögel unter dem Himmel unter seinem Schatten wohnen können. Und durch viele solche Gleichnisse sagte er ihnen das Wort so, wie sie es hören konnten. (Mk 4,26-35)
Die Fantastischen Vier singen in ihrem Lied über Ursache und Wirkung. Darüber, dass Handeln Konsequenzen hat. Und, zumindest in der ersten Strophe: dass auch aufgestaute Unzufriedenheit im Verborgenen wachsen kann. ….
Nicht nur Gutes wächst im Verborgenen. Nicht nur Gutes ist ausgesät. Was wurde vor Jahrzehnten ausgesät, was heute seine unvorteilhaften Früchte trägt? Darüber denke ich in den letzten Monaten häufiger nach. …
Dem gegenüber wird die Aussaat der Guten Nachricht gestellt. Die Botschaft, dass Gott seine Menschen liebt und für ALLE eine gute Zukunft und ein gutes Miteinander vorgesehen hat, was er im Leben und Wirken Jesu unter uns gezeigt hat, wächst auch im Verborgenen. Sie wird oft gar nicht wahrgenommen oder übersehen. Vielleicht, weil von ihr kein sofortiger Profit in messbaren Kontobewegungen ausgeht. Weil „ich ja nichts davon habe“, oder „noch draufzahlen muss“. Christliche Gemeinschaft, füreinander da sein, sich umeinander kümmern, sich zum Nächsten werden, treibt die Börsenzahlen nicht in die Höhe, kann aber für einen wichtigen gesellschaftlichen Zusammenhalt ohne Extrempositionen sorgen: Weil eben jeder für den anderen einsteht, man einander kennt, jeder seinen Teil beiträgt. Und wenn dieser Zusammenhalt wächst, bietet er Schutz für alle.
Dass die gute Saat von Miteinander und Zusammenhalt in einer Gemeinschaft, in der die Würde des Menschen unantastbar ist, aufgeht, das wünsche ich uns. Dass keiner Frust haben muss, weil er sich benachteiligt oder abgehängt fühlt, sondern dem anderen sein Leben gönnen kann. Dass jeder gut säen und ernten kann und es am Ende nach Jahrzehnten eine gute reiche Ernte gibt, das hoffe ich für uns.
Ihre Alida Griese